A N T H O N Y G O I C O L E A
Reservations for One
25. Oktober – 30. November 2024
Öffnungszeiten
Di. – Fr., 11 – 18 Uhr
Sa., 11 – 15 Uhr
Getreidemarkt 14
1010 Wien
Wir freuen uns sehr, die Ausstellung „Reservations for One“ des US-amerikanischen Künstlers Anthony Goicolea in unserer Wiener Galerie präsentieren zu dürfen. Gezeigt werden großformatige Leinwandarbeiten und fragile Malereien auf Mylar, die allesamt die Absurdität, Verletzlichkeit und Schönheit der menschlichen Existenz feiern.
Anthony Goicolea zählt zu den vielseitigsten zeitgenössischen Künstlern seiner Generation. Nach dem Abschluss am Pratt Institute in New York wurde er in den späten 1990er Jahren mit konzeptuellen Fotoarbeiten und Videos bekannt, in denen er oft selbst in multiple Rollen schlüpfte. Seit bald zwei Jahrzehnten konzentriert er sich vorwiegend auf die Malerei, mit zwischenzeitlichen Ausflügen in die Skulptur und Installation. Seine Arbeiten werden regelmäßig in bedeutenden Museen und Kunstinstitutionen ausgestellt, darunter im Brooklyn Museum, dem Hirshhorn Museum in Washington, D.C. und dem Guggenheim Museum in New York.
Die Ausstellung „Reservations for One“ nimmt uns mit auf eine emotionale Reise durch die Sphären ständiger Sinnsuche. Goicolea zeigt Menschen in bizarren, melancholischen Momenten, in denen sie an der Grenze zwischen Wirklichkeit und Traumwelt gefangen scheinen. Die Figuren in seinen Bildern wirken verloren und doch selbstbewusst, zerbrechlich und gleichzeitig kraftvoll. Sie befinden sich in Augenblicken tiefer Einsamkeit, Sehnsucht und Absurdität, getriggert durch die Faszination des Körperlichen und der Intimität.
Goicoleas Malstil ist geprägt von einer expressiven Bildsprache, die er meisterhaft mit surrealen Elementen verbindet. Dabei bleibt er stets dem Figurativen treu – seine Werke sind bestimmt von erkennbaren, lebendig dargestellten Menschen, oft in physischen oder emotionalen Grenzsituationen. Die Bilder erscheinen wie Momentaufnahmen aus einem Film, der keine klare Handlung hat, aber die Essenz des Lebens einfängt: das Fließen der Zeit, die Unschuld der Jugend, die Schönheit des Unvollkommenen und die Hoffnung, dass immer etwas Neues und Besseres kommen kann.
Was Goicoleas Malerei besonders auszeichnet, ist der subtile Humor, der sich durch die düsteren Töne seiner Werke zieht. Inmitten des Dramas und der Isolation finden sich stets Augenblicke von Ironie und Leichtigkeit, die den Betrachter dazu einladen, die Merkwürdigkeiten des Lebens zu akzeptieren und vielleicht sogar zu feiern.
Geboren 1971 als Sohn kubanischer Einwanderer, aufgewachsen in Georgia, USA, lernt Goicolea früh das Gefühl kennen, nicht recht an einen Ort zu gehören, das unausgesprochene Unwohlsein in einer Situation, in der man nicht wirklich weiss, was denn gerade nicht stimmt. In seiner Kunst sucht er daher immer die Grenzgebiete und Schwellenzustände, die Momente auf der Kippe. Das unsichere Terrain, in dem zeitliche wie lokale Verortung schwierig werden und man als Betrachter nicht mehr sicher ist, was man gerade sieht.
Man kann in Goicoleas Malereien dieses gewisse deplatzierte Unbehagen des Fremden oder Befremdens spüren, nicht sofort, nicht vordergründig, nicht brachial, sondern mit charmanter, liebevoller Subtilität. Die Farben intensiv, die Blicke selbst im Abdriften starr, die Körper allesamt androgyn, jugendlich, ein wenig lasziv, aber nicht aufdringlich.
Das im wahrsten Sinne des Wortes Ver-Rückte seiner Bilder bleibt manchmal dezent und wird einem dann doch plötzlich in seiner ganzen Dramatik bewusst. Figuren treiben in trüben Gewässern, Lagerfeuer rücken verstrahlte Wesen in düsteres Licht, und wer es ans Ufer, ins Trockene und aus dem verwunschenen Wald heraus schafft, landet in einem Hotel, das Hitchcock sich nicht besser ausdenken hätte können – in Empfang genommen am „Night Desk“ trägt einem der „Bellman“ die Koffer aufs Zimmer und selbst mitten in der Nacht wird noch ans Bett serviert: „One AM Room Service June 1974“.
Goicoleas Titel suggerieren Geschichten, es gibt jedoch kaum Spoiler und schon gar keine Auserzählung oder Auflösung. Er „teasert“ in seinen Bildern lediglich an. Manchmal verrucht, manchmal unheimlich, mitunter traurig, immer aber emotional aufgeladen. Es sind gespannte Momente, erwartungsvolle Stills, als hätte Goicolea auf die Pausentaste eines alten Videorekorders gedrückt, das Band der Kassette mit einem rumpelnden Klappern zum Stillstand gebracht und koste jetzt den flimmernden, surrenden Moment aus.
Man glaubt Goicolea, wenn er sagt, dass ihn die Idee eines „Vorher“ und eines „Nachher“ nie sonderlich interessiert hat. Seine Protagonisten (für die der Künstler sich häufig selbst Model steht) agieren in dem gespannten Raum zwischen vorgegebenem Bild und unseren persönlichen Interpretationen. Mit Verweisen auf Popkultur, Massenmedien und fiktive Erinnerungen wirken sie einem Pool von Bildern und Vorstellungen entstiegen, die gleichermaßen vertraut wie fremd zu sein scheinen. Ob man will oder nicht, sie wecken beim Betrachter ein Begehren, ihre Geschichten im Kopf selbst weiter zu erzählen.